IN DER NATUR

Ich beobachte das Feuer, das lebendige Farbenspiel der Flammen. Die Wärme spüre ich deutlich im Gesicht, aber auch an den Armen und der Brust. Von hinten kriecht schon die Kühle der Nacht heran. Nie schmeckten Kartoffeln so gut, wie aus der Hitze des eigenen Lagerfeuers. Der Himmel über dem weitläufigen Campingplatz ist schwarz, kein Licht vom Boden erhellt ihn. Unzählige Sterne sind zu sehen. Der Wind dreht sich, Rauch beißt mir in den Augen. Ich lösche das Feuer. Zeit mich schlafen zu legen. Ich weiß, meine Klamotten stinken fürchterlich, auch wenn ich es jetzt nicht wahrnehme. So lege ich Jacke und Hose im Vorzelt ab und krieche ins Zelt hinein. Die Taschenlampe spendet gerade genug Licht, damit ich mich zurecht finde. Müde schlüpfe ich gleich in meinen Schlafsack. Die Wanderung am Tage steckt mir noch in den Gliedern, dazu die viele, ungewohnte frische Luft.

Wie ich so daliege, noch die richtige Schlafposition suche, höre ich die Geräusche der Natur, mir scheint, das Zeltdach ist eine riesige Membran, damit wird das ganze Zelt zu einem Lautsprecher und ich liege mitten drin. Das Laub raschelt nicht mehr einfach nur, es wird zu einer Symphonie, dazu ein Ruf durch die Nacht. Könnte ein Kauz sein, gar ein Wolf in weiter Ferne. Ein Insekt krabbelt über das Zelt. Sonst nicht zu hören, dringen seine Schritte nun an mein Ohr.

Mitten in der Nacht erwache ich. Regentropfen trommeln auf dem Zelt. Ich habe das Gefühl, mitten in der Natur zu liegen, genieße diesen Zustand und hoffe gleichzeitig, dass es sich nur um einen kurzen Schauer handelt. Vorsichtshalber hole ich Jacke und Hose ins Innenzelt. Gleich breitet sich der kalte Rauch des Feuers im Zelt aus. Schnell schlafe ich wieder ein.

Es dämmert gerade, als ich am Morgen erwache, aus dem Zelt schaue. Der Regen hat aufgehört, die Wolkendecke ist aufgerissen, die Sonne noch nicht zu sehen. Das Gras ist feucht, vom Regen der Nacht, vom Tau des Morgens. Ich verlasse mein Zelt am Rande des Campingplatzes. Meine nackten Füße stecken in offenen Sandalen. Grashalme streichen Wassertropfen an mir ab.

Noch scheinen in den Zelten die meisten Leute zu schlafen. Nur die Vögel singen ihre morgendlichen Lieder. Auf meinem Weg zum Waschhaus scheuche ich Mücken und kleine Fliegen aus dem Gras auf. Wenn ich schnell genug gehe, können sie mich nicht beißen oder stechen, hoffe ich.

Als ich den Toilettenraum betrete, erleichtere ich mich an der Rinne, aus der ein strenger Geruch aufsteigt. Dann stelle ich mich ans Waschbecken, wasche und rasiere mich. Die ganze Zeit über höre ich die unglaublichsten Geräusche aus einer Toilette, Luft entweicht, Brei platzt heraus, kleckert in die Schüssel, immer wieder von Neuem, dazwischen ein Stöhnen und Ächzen. Dann ist Ruhe. Gleich darauf höre ich einen ganz langsamen, tiefen Atem. Ich kann hören, wie der Toilettenpapierhalter benutzt wird, wie Papier um Papier von der Rolle abgewickelt wird. Schließlich tritt ein Mann mit hochrotem Kopf heraus. Er wäscht sich gründlich die Hände im Waschbecken neben mir, schaut dabei starr in den Spiegel. Wir sprechen kein Wort miteinander.

Als er fort ist, der Geruch seiner Verdauung schwer in der Luft hängt, da frage ich mich, ob ich ihn nicht hätte begrüßen sollen, mit einem freundlichen „Hallo“, einem aufmunternden „Wird schon“, einem Wort zum Wetter.